Der Gernegroß aus Paris inszeniert sich als europäischer Führer – und erhält kräftig Kontra aus Moskau. Hätte er Wladimir Putins „Geschichte Russland“ gelesen, hätte er sich nicht so blamiert.
In Moskau nennen sie Macron neuerdings „Micron“ – so die Wertschöpfung von Sicherheitsberater Dmitri Medwedew, die auf den Winzling anspielt. Was ist vorgefallen? Nachdem die USA unter Trump auf Friedenskurs gegangen sind, wollen vor allem zwei europäische Staaten den Kampf gegen Russland weiterführen, Frankreich und das Vereinigte Königreich, mit der trotteligen BRD im Schlepptau. Der Möchtegern- Bundeskanzler Friedrich Merz hatte im Wahlkampf beiden Atommächten eine suizidale Offerte gemacht und schlug ihnen die sogenannte nukleare Teilhabe vor: Atomwaffen der beiden Fremdstaaten sollen in Deutschland stationiert und im Kriegsfall mit deutschen Trägersystem zum Einsatz gebracht werden.
Briten-Premier seit Starmer antwortete nicht auf Merz, aber Macron griff gierig zu – „als Antwort auf den historischen Aufruf des zukünftigen deutschen Kanzlers habe ich beschlossen, die strategische Debatte über den Schutz unserer Verbündeten auf dem europäischen Kontinent durch unsere Abschreckung zu eröffnen“.
Putin schlug am Donnerstag zurück: Es sei bedauerlich, dass „es noch immer Menschen gibt, die in Napoleons Zeit zurückkehren wollen und dabei vergessen, wie das Ganze ausgegangen ist“. Außenminister Sergej Lawrow ergänzte; Macron wolle „anscheinend dasselbe“ wie Napoleon und Adolf Hitler: Russland „erobern“ und „besiegen“.
Eine kleine historische Lehrstunde
Putin beschäftigt sich sehr intensiv mit Geschichte, wie seine in der COMPACT-Edition erschienenen gesammelten Ausführungen unter dem Titel „Geschichte Russlands“ belegen. Darin greift er über 1000 Jahre aus, bis zur Gründung des Riesenreiches zu Zeiten der Kiewer und Nowgorod Rus. Tatsächlich geriet der anfänglich instabile Staat immer wieder unter Fremdherrschaft, konnte sich aber auch immer wieder befreien. Bei der Verjagung der Mongolen spielte das Großfürstentum Moskau die entscheidende Rolle – die Eroberer verschwanden in der Folge vollständig.
Dann kamen die Polen. In einer Schwächephase der Zarenherrschaft gelang ihnen 1610 sogar die Eroberung Moskaus. „Nach nur einem Jahr führte ein Volksaufstand allerdings schon wieder zu deren Abzug“, wird in Putins „Geschichte Russlands“ ausgeführt. Die damals weitgehend von den Polen beherrschten Gebiete Kleinrusslands – der heutigen Ukraine – erhoben sich unter Kosakenführer Chmelnyzki gegen die Warschauer Kolonisatoren, in mehreren Friedensschlüssen (u.a. dem Frieden von Andrussow 1667) mussten sie sich zurückziehen. „Das gesamte östliche Ufer des Dnjepr, einschließlich Kiew, ging an Russland“, fasst Putin zusammen. Das sind im Übrigen genau die Gebiete, die Moskau heute aus guten historischen Gründen beansprucht, denn sie sind seit über 350 Jahren russisch.

Napoleon, an den Putin im aktuellen Streit mit Macron erinnerte, ging es nicht besser als den Polen – nur, dass er Moskau nur wenige Wochen halten konnte, danach zu einem desaströsen Rückzug gezwungen wurde und in der Folge sogar Paris von den siegreichen preußisch-russisch-habsburgischen Truppen besetzt wurde. Der Ostfeldzug war der Sargnagel für Bonapartes Herrschaft.
Napoleon, Hitler Macron
Das gleiche bei Hitler. Am Anfang stand schon der Größenwahn. Putin im Rückblick: „Die Nazi-Strategen waren überzeugt, dass ein riesiger multinationaler Staat wie die Sowjetunion leicht in sich zusammenfallen würde. Es wurde erwartet, dass der plötzliche Krieg, seine Rücksichtslosigkeit und unerträglichen Härten unweigerlich die inneretrhnische Beziehungen verschärfen würden und das Land zerstückelt werden könnte. (…) Doch von den ersten Tagen an wurde klar, dass dieser Plan der Nazis scheiterte. Die Festung Brest (ganz im Westen) wurde von Soldaten aus mehr als 30 Ethnien bis zum letzten Blutstropfen verteidigt.“
So unterschiedlich Napoleon und Hitler waren, hatten sie doch die gleiche Strategie: Den Kontinent zu einigen und mit einer Streitmacht aus allen europäischen Staaten den Feind im Osten zu vernichten. Napoleons Grande Armee bestand überwiegend aus deutschen Hilfstruppen, in Himmels SS dienten Freiwillige aus allen besetzten Staaten. Doch Russland war in allen Fällen siegreich. Im Verlauf der Jahrhunderte ging es den Eroberern sogar immer schlechter: Die Mongolen kontrollierten Moskau über 100 Jahre, die Polen immerhin ein Jahr, Napoleon nur einige Woche – und Hitler wurde noch vor Moskau zurückgeschlagen.
Wenn Bonsai-Napoleon Macron heute die Europäer unter der Trikolore nach Osten führen will, wird er noch schlimmer verprügelt werden. Wer immer in Deutschland mit diesem Wahnsinn liebäugelt, sollte vorher Wladimir Putins „Geschichte Russlands“ lesen.